Süßwasserbiologieseminar, oder „Jugend forscht“.


Andreas Heisig in AktionUnser Fühli, ein trüber toter Tümpel. Wer das denkt irrt gewaltig. Wie lebendig dieser See ist, wurde uns eindrucksvoll im Rahmen des Süßwasserbiologieseminars am 31.05-01.06.08 demonstriert. Vortragender war Andreas Heisig, wobei „vortragend“ hier relativ gesehen werden muss. Er kam oft in die defensive Position bei all den Fragen, die auf Ihn ein stürmten. Ein Wunder, dass er den „Lehrplan“ trotzdem einhalten konnte. Wir hatten es also mehr mit lauter kleinen Cousteaus zu tun und weniger mit „Frontalunterricht“, Anschauliches am Objekt zu erklären steigert ja bekanntlich die Aufnahmefähigkeit der Zuhörerschaft.


Wasser ist des Tauchers Element, doch wir sind nicht allein, Pflanzen, Tiere, große wie kleine gehören alle in ein gesundes Gewässer. Wie man ein gesundes Gewässer erkennt, ist hierbei die Kunst. Denn nachdem wir nun tarieren und uns orientieren können, wollen wir „unseren“ See auch bewusster erleben und deswegen waren wir ja hier. Einige waren mit biologischen Kenntnissen vorbelastet und andere völlig ahnungslos.Wir wollten so viel wissen. Wieso ist der See trübe, woran kann man erkennen, ob das Gewässer gesund ist, kann man vorhersagen, wann die Sicht besser wird und vieles mehr. Was verbirgt sich hinter dem Offensichtlichen, wie leben die Fische und wann muss ich ins Wasser, um den Wels zu sehen, wie finde ich den überhaupt und wieso sind zu mancher Zeit so viele Planktonteilchen im Wasser und dann wieder nicht und wo sind die hin? Alle Fragen konnten wir in nur zwei Tagen nicht beantworten, aber trotzdem sind wir alle um viele Einsichten klüger geworden. Da sind wohl noch einige Seminare nötig, bis man das „Ökosystem“ See verstanden hat.

Jugend forschtWir wissen nun aber, dass der Fühli ein flacher Flachlandsee ist, den erkennt man meist an einer Tiefe zwischen 5-20m, sommerwarmen (also jahreszeitlich wechselnden) Wassertemperaturen und einem schlammigen Untergrund mit breiter, flacher Uferzone. Und wenn dieser schlammige Boden zum Großteil ockerfarben ist, dann ist das ein gutes Zeichen. Vereinzelte schwarze Stellen in den tiefen Regionen sind auch okay, solange diese nicht flächig zusammenhängend sind. Die schwarzen Flecken sind Faulschlammgebiete in denen dem Wasser Sauerstoff entzogen wird und in Maßen ein ganz normaler Prozess im See – aber eben nur in Maßen. Eine Überdüngung, also starker Nährstoffeintrag oder auch wissenschaftlich „Eutrophierung“ genannt, kann zum „Umkippen“ des Sees führen, wie in den 90ern beinahe geschehen. Der Fühli ist ausserdem ein „künstlich“ entstandenener See, wobei wir gelernt haben, dass es der Natur egal ist, solange sich ein stabiles, lebendiges Gleichgewicht entwickeln kann. Dieses Gleichgewicht ist heute zuverlässig etabliert und der Fühli verfügt mittlerweile über eine Artenvielfalt von ca. 18 verschiedenen Pflanzenarten. Der gemeine Taucher (homo acquaticus) ist dabei sicher kein Störfaktor, viel schlimmer ist der Missbrauch als öffentliche Toilette im Rahmen von diversen Großveranstaltungen.

Das aehrige TausendblattNeben der Theorie war auch Praxis angesagt, hierzu stiegen wir bei nahezu nicht vorhandener Sicht ins Dunkel des See hinab, um Proben zu sammeln, die wir erst gefunden haben, wenn wir mit der Maske dagegen gestoßen sind. Die meisten Pflanzen findet man in den oberen Tiefenbereichen, dort wo noch ausreichend Sonnenlicht zur Photosynthese zur Verfügung steht.
Wer „photosynthetisiert“ denn nun im Fühli? Da wäre zum Einen das ährige Tausendblatt, gut zu erkennen an dem roten Stengel. Es ist eine bis zu 2m lange verzweigte Pflanze. Als sogenannte Pionierpflanze eine der ersten bei der Besiedelung und wenn der Bewuchs über die Jahre örtlich stabil bleibt auch ein Bioindikator für Güteklasse 2.  Laichkraut, in verschiedenen Ausführungen, zum Beispiel Kammlaichkraut und krauses Laichkraut. Das Kammlaichkraut erkennt der geübte Biologe (und auch der Laie nach einigen Demonstrationen) daran, dass man das Blatt leicht abziehen kann.

  KammlaichkrautDas krause LaichkrautDas glaenzende Laichkraut

 

 

 

 

 

 

Das krause Laichkraut ist kraus – sonst würde der Name ja keinen Sinn machen.  Das glänzende Laichkraut ist ebenfalls ein häufig vorkommender „Bewachser“ unseres Sees.  Großflächig und heckenbildend ist es ein bevorzugter Unterschlupf für den Hecht! Also nach Pflanzen gucken, um Fische zu finden!

ArmleuchteralgeWasserpest - ElodeaEs gibt Unterwasser auch Armleuchter, damit sind aber nicht unsere Tauchkollegen gemeint, sondern eine sehr kleine und wichtige Alge – die Armleuchteralge. Sie bildet zur Fortpflanzung kleine Kügelchen. In gelb, wenn es ein Mädchen werden soll und orange für die Jungens! Namentliche Entgleisungen, zumindest bei der deutschen Bennenung sind irreführend. Die Wasserpest hat ihren Namen nicht verdient. Lateinisch klingt sie auch viel schöner - „Elodea“ geht deutlich besser über die Lippen. Sie ist zwar eine immigrierte Pflanze, aber wie Andreas uns erläutert hat, inzwischen mit deutschen Paß, also voll integriert ins biologische Gleichgewicht.

 

Tiere haben wir uns auch vorgenommen. Nachdem wir nun die Pflanzen aus dem Ärmel schütteln konnten, fingen wir am zweiten Tag mit der Tierwelt an. Da ist natürlich das Lieblingstier unseres Vortragenden zu nennen – eine kleine Schnecke namens „Limnea“, ein Algenrasenmäher. Kleines Krabbelgetier, welches man ansonsten auch gerne mal absichtlich übersieht (wir reden hier über Spinnentiere und Vielfüssler), z.B. Wasserasseln, Bachflohkrebse, Hüpferlinge und Eintagsfliegenlarve waren ausnahmesweise mal von hohem wissenschaftlichen Interesse. Dies forderte besonders von den Tauchern, die hauptsächlich die Wasserbewohner Fisch und Schalentier als potentielle Nahrungsquelle erachten, ein erhebliches Umdenken und gehöriges Maß an Toleranz - besonders vor dem Hintergrund, dass wir sicher schon mehr Kleingetier verschluckt haben, als wir an Fisch aus dem Fühli auf dem Teller geniessen konnten. Dieses Vergnügen bleibt auch in Zukunft den Anglern vorbehalten, denn wir wollen lieber mit den Fischen schwimmen.

Die Schnecke Limnea Wasserassel

Mueckenlarve

 

 

 

 

 

 

Wir haben viel gesehen, sehen heute manches sicher anders, differenzierter und tauchen bewusster. Genau das wollten wir ja erreichen. Es war ein rundum gelungenes Seminarwochenende wozu der gute und lebendige Vortragsstil von Andreas und die intensive Diskussion aller Beteiligten beigetragen haben. An dieser Stelle ein Dankeschön an Andreas und auch an den Vatter vom See und seine beste Hälfte, die sich rührend um unser leibliches Wohl gekümmert haben. Wir kommen gerne wieder.
Gabi und Normann